Editorial von Geshe Thubten Ngawang
Liebe Mitglieder und Freunde,
In dieser Ausgabe der Tibetischen Zentrums-Nachrichten finden Sie das Programm des Tibetischen Zentrums für die Monate April bis Juni und eine Vorankündigung der Seminare, die bis zum Sommer stattfinden werden.
Dank sagen möchte ich all denen, die dieses Zentrum unterstützen: dem Vorstand, den Mitgliedern, den Spendern, den ehrenamtlichen Helfern und den anderen Mitarbeitern, sowie den Hausbewohner, die hier einerseits studieren und andererseits sehr viel Kraft in die täglich anfallenden Arbeiten investieren. Auch danke ich den Teilnehmern am Systematischen Studium des Buddhismus, die jeden Samstag ins Zentrum kommen oder es aus der Ferne verfolgen und ihren Studien gut nachkommen. Ihnen allen ist es zu verdanken, daß hier ein Ort entstanden ist, an dem Menschen zusammenkommen können, um zu studieren, zu meditieren oder sich in Klausur zu begeben.
Das Wichtigste im Buddhismus ist die Geistesschulung durch Studium und Meditation. Es gibt Erläuterungen und Verwirklichungen. »Erläuterungen« bezieht sich auf das Studium der Erläuterungen durch Hören und Nachdenken, wobei das Hören der Erläuterungen ein Hören der Worte ist. Das Nachdenken ist ein Mittel, durch das man im eigenen Geist Gewißheit über das Gehörte erlangt. Man denkt über die Worte und ihre Bedeutung nach. »Verwirklichungen « bezieht sich rein auf die Erfahrung der Bedeutung dieser Worte durch Meditation. Das Nachdenken über die Worte und ihre Bedeutung ist sozusagen eine Vorstufe zur Meditation. In der Meditation selbst geht es dann nicht mehr um Worte, sondern nur noch um die Erfahrung ihrer Bedeutung im eigenen Geist, wodurch der eigene Geist gereinigt wird. Um die Meditation, also das Mittel zur Reinigung des eigenen Geistes von Fehlern, und die notwendigen Vorbereitungen dazu erlernen zu können, findet jeden Freitagabend im Tibetischen Zentrum eine geleitete Meditation mit anschließender Gesprächsrunde statt. Nach einer kurzen Puja, das ist eine meditative Rezitation, wird das jeweilige Thema der Meditation erklärt und anschließend eine halbe Stunde lang meditiert. Im Anschluß daran findet noch eine Gesprächsrunde statt, in der Fragen zur Meditation und zum Dharma diskutiert werden können. Wenn man sich sehr für Meditation interessiert, ist es gut, sich vorzunehmen, ganz regelmäßig an diesen Meditationsabenden teilzunehmen und diesen Vorsatz dann so gut es nur irgend geht in die Tat umzusetzen.
Ziel des Studiums ist es, Erfahrungen zu machen. Erfahrungen macht man durch regelmäßige Übung. Es ist schwer möglich, gleich auf Anhieb ohne Übung solche Erfahrungen zu machen. Durch regelmäßige Teilnahme an der Meditation und rege Beteiligung an den anschließenden Gesprächen wird man allmählich wissen, wie man den Dharma, die Bedeutung der buddhistischen Schriften, anwendet. Die Erfahrung, wie das in den Büchern Erklärte tatsächlich anzuwenden und mit dem eigenen Geist zu verbinden ist, kommt durch die Meditation zustande. Meditation bedeutet also das Sammeln von Erfahrungen. An jedem Meditationsabend gebe ich eine kurze Erklärung zu dem jeweiligen Thema aus dem Stufenweg zur Erleuchtung (Lam rim), und Sie machen dann in der Meditation Ihre eigenen Erfahrungen. Es ist gut, an diesen Meditationen teilzunehmen, insbesondere für diejenigen unter Ihnen, die in der Nähe wohnen.
Wenn Sie keine Zeit haben, zur Meditation zu kommen, aber gern an der anschließenden Gesprächsrunde teilnehmen möchten, so ist das auch in Ordnung. Die Gesprächsrunde beginnt etwa um 20.00 Uhr und dauert eine halbe bis eine Stunde. Wenn Sie sich über buddhistische Literatur informieren möchten, sich für Unterschiede zwischen dem Buddhismus und anderen Religionen oder Weltanschauungen interessieren oder Fragen zum Dharma haben - was gut verständlich ist, da es im Buddhismus viel Neues gibt, was man hört oder liest - können Sie auch nur zu den Gesprächsrunden kommen. Ich halte das Gespräch für sehr wichtig und bin überzeugt, daß es einen großen Nutzen hat.
Die vergangenen heiligen Kadampa-Meister haben gesagt, daß wenn durch das Studium das Interesse und die Entschlossenheit zur Meditation wächst und umgekehrt durch die Meditation das Interesse und die Entschlossenheit zum Studium anwächst, sei dies ein gutes Anzeichen für den rechten Fortschritt auf dem Weg.
Schwerpunkt-Thema: Der Friedensnobelpreises für Seine Heiligkeit XIV. Dalai Lama