Editorial von Geshe Thubten Ngawang
Liebe Mitglieder und Freunde,
Es ist mir ein Bedürfnis, auch mit dem Erscheinen dieser Ausgabe unserer Vierteljahreszeitschrift, allen, die ein echtes Interesse an unserer Arbeit gezeigt haben, meinen tiefempfundenen Dank auszudrucken.
Ich denke, es ist uns zusammen gelungen, im Zentrum gute Grundlagen für das Studium und die Anwendung des Buddhismus zu legen. Auch die Arbeit derer, die im Haus mit guter Einstellung die Verantwortung tragen, freut mich sehr. Ich möchte alle Beteiligten bitten, auch in Zukunft ihren wertvollen Beitrag zu geben.
Langfristig wird sich das auch für das Wohl der Gesellschaft und zukünftiger Generationen auswirken. Meine tibetisehen Landsleute, die in ihrem Heimatland und im indischen Exil unter vielen Problemen zu leiden haben, sind sehr dankbar für den Nutzen, der sich aus unseren Aktivitäten ergibt.
Dem Programmteil können Sie entnehmen, welche Veranstaltungen Sie in den nächsten Monaten besuchen können. Zumeist finden am Freitag geleitete Meditationen statt, die ich besonders Neuinteressenten empfehlen möchte. In der Woche gibt es gemeinsame Gebete und an speziellen Tagen finden Seminare statt. Das Zentrum ist auch weiter im interreligiösen Dialog tätig, bei dem sich die Religionen kennenlernen und näherkommen können.
Der erste Lehrgang des Systematischen Studiums des Buddhismus ist jetzt im fünften Jahr. Der mehr akademischphilosophische Teil der Studien ist damit abgeschlossen, und wir wollen uns nun darum bemühen, daß das Gelernte nicht nur im Kopf bleibt, sondern im Herzen Eingang findet. Zu diesem Zweck werden wir uns ab September ein Jahr lang mit dem »Stufenweg zur Erleuchtung (Lam-rim)cc beschäftigen. Interessierte, die weder an einem der bisherigen Lehrgänge teilnehmen noch an dem kommenden im Frühjahr 1994 teilnehmen werden, haben die Möglichkeit, sich nur für dieses eine Jahr einzuschreiben.
Grundlage des Studiums wird der Text "Die Lampe auf dem Pfad" des indischen Meisters Atisa sein. Diese wertvolle Schrift wird in Tibet von allen Schulrichtungen sehr verehrt und zur Grundlage der spirituellen Praxis gemacht. Es war der König Dschang Tschub Ö, der den indischen Meister einlud, um dem Buddhismus in Tibet eine authentische Grundlage zu geben. Er bat den Lehrer nicht so sehr um außergewöhnliche Unterweisungen mit eindrucksvollen Namen, sondern um Erklärungen zu den unverzichtbaren Grundlagen geistigen Fortschritts. Daraufhin verfasste Atisa einen von der Lange her überschaubaren Text, dessen Schwergewicht auf der Erläuterung des Gesetzes des Abhängigen Entstehens auf geistigem Gebiet, also auf der Erklärung von Karma liegt. Näheres dazu lesen Sie bitte auch auf Seite 4 in diesem Heft.
Im August haben wir das Glück, unseren verehrten Lehrer Geshe Ugyen Rinpoche wieder für Unterweisungen und Initiationen bei uns zu haben. Im Anschluß daran werden wir entsprechend seiner Anregung eine Vajrayogini- Klausur durchführen.
Abschließend möchte ich mich noch einmal bei allen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern bedanken. Es ist sehr förderlich, wenn man dem Zentrum von Zeit zu Zeit zur Verfügung stehen kann oder die regelmäßige Verantwortung für eine spezielle Arbeit übernimmt. Wenn wir einen Nutzen erzielen wollen, müssen wir uns auf gemeinsame Anstrengungen stützen. So wie man mit einem Bündel von Gräsern als Besen mehr bewirken kann als mit einem einzelnen Grashalm, so ist das Wirken eines Vereins kraftvoller als das einer Einzelperson. Für Buddhisten, die Zuflucht zum Dharma genommen haben, ist es ein Teil ihrer religiösen Praxis, ihrem Dharmazentrum zu helfen. Selbst wenn man dadurch nicht so viel Zeit für das Studium und die Meditation erübrigen kann, so ist es doch möglich, sich auf diesem Wege religiöse Verdienste zu erwerben. Auch in Tibet wurde jemand, der sich um die täglichen Notwendigkeiten des Klosters kümmerte, einem anderen, der hauptsächlich studierte oder meditierte, gleichgesetzt, denn er erwarb sich dadurch ebenfalls große Verdienste.
Schwerpunkt-Thema: Anvertrauen an den Geistigen Lehrer