Editorial von Geshe Thubten Ngawang
Liebe Mitglieder und Freunde,
Es ist mir eine Freude, alle Vereinsmitglieder, meine Studenten, die Mitarbeiter und die Leser unserer Zeitschrift herzlich grüßen zu können, vor allem diejenigen, mit denen ich nicht täglich zusammenkommen kann.
Mit großer Dankbarkeit blicke ich auf die Feierlichkeiten zu meiner Jubiläumsfeier im Mai zurück. Als jemand, der sein Heimatland verlassen mußte, hat mich die Herzlichkeit tief bewegt, die mir hier entgegengebracht wurde. Viele haben sich sehr für die Vorbereitung dieser Veranstaltung engagiert und das Fest hervorragend organisiert. Auch für die Geschenke möchte ich mich herzlich bedanken, vor allem die Spenden für ein Haus, das meinen Schülern in Indien dienen wird. Ich fühle mich durch die Anteilnahme der Menschen in der Überzeugung gestärkt, daß meine Unterrichtstätigkeit auf fruchtbaren Boden fällt und einen gewissen Nutzen hervorbringt. Mein Anliegen ist es, daß die Menschen in diesem Land die Lehren des Buddha zur Verfügung haben, damit sie durch deren Anwendung im eigenen Geist gute Anlagen sammeln. Letztlich wird dies auch der Gesellschaft zugute kommen. Das Ziel, alle Wesen zur Erleuchtung zu führen, ist nicht einfach zu erreichen, aber wenn es uns gelingt, einige Fortschritte in unserer geistigen Entwicklung zu machen, ist das schon von großem Wert.
Mit Freude denke ich an den Besuch der Hamburger Bischöfin Maria Jepsen im Tibetischen Zentrum zurück, die an einer Sitzung der Arbeitsgruppe zum Interreligiösen Dialog teilnahm. Unsere Anstrengungen über viele Jahre hinweg im Dialog haben so ihre Früchte gezeigt. In unserem Tempel hatten sich neben dem Initiator der Gruppe Professor Schumann, der Leiterin Brigitte Werner, der protestantischen Bischöfin und mir als Vertreter des Buddhismus auch ein katholischer Mönch, ein jüdischer Gelehrter und eine islamische Geistliche eingefunden. Ich hege große Hoffnung, daß auch wir damit zu einem besseren Verständnis zwischen den Religionen beitragen können.
Auch innerhalb des Buddhismus schauen wir auf eine sehr erfreuliche Veranstaltung zurück. In der Universität trafen sich Vertreter aller buddhistischen Gruppen Hamburgs zur Vesakh-Feier. In einem sehr freundschaftlichen Geist präsentierten sie sich der Öffentlichkeit, feierten, beteten, meditierten zusammen und bewiesen, daß eine Einheit in der Vielfalt möglich ist. Damit konnte auch ein Zeichen gegen Sektierertum gesetzt werden. Mein besonderer Dank gilt allen Spendern, die über das Tibetische Zentrum Flüchtlingen aus meiner Heimat helfen. Nach wie vor besteht die Gefahr, daß die tibetische Kultur und das tibetische Volk ausgelöscht werden. Die Anstrengungen der Deutschen Tibethilfe und der Tibetinitiativen sind deshalb gar nicht hoch genug einzuschätzen. Mit dem Besuch des hochrangigen Vertreters der tibetischen Exilregierung, Professor Samdhong Rinpoche, wurde die Öffentlichkeit über das Schicksal meines Volkes informiert. Sein Vortrag in der Evangelischen Akademie und seine Treffen mit Politikern im Rathaus verliefen sehr zufriedenstellend. Allen Helfern möchte ich meinen Dank aussprechen.
Zum Schluß möchte ich auf den wichtigen Kurs zu den Vorbereitenden Übungen im Juli hinweisen. Außerdem plane ich in Pisselberg eine Feuerpuja zu Avalokiteshvara als Abschluß einer Klausur über den Buddha des Mitgefühls. Auch wenn alle Buddhas das Mitgefühl in gleichem Maße verwirklicht haben, ist doch die Meditation über Mahakaruna (»das Große Erbarmen«) gerade in einer degenerierten Zeit äußerst segensreich. Als Vorbereitung für diese Praxis ist es angezeigt, sich mit den Meditationen über die Stufen auf dem Pfad (Lamrim) zu beschäftigen. Wenn Sie nach einer Klausur an der Feuerpuja teilnehmen möchten, beachten Sie bitte die Hinweise im Veranstaltungsteil.
Schwerpunkt-Thema: Zufluchtnahme